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Team Junior Luciano Benavides: Warum ich bei der Dakar antreten wollte

Luciano Benavides vom KTM Factory Racing-Team ist 23 Jahre alt. Als der Argentinier vom Rallye-Team engagiert wurde, hatte er keinerlei Erfahrung bei dieser berüchtigten Rallye, aber den Speed, den Willen und die Persönlichkeit, die man für diesen Job braucht. Vor seiner zweiten Dakar, die nächsten Januar stattfinden wird, zeigt sich das KTM-Ass optimistisch, was seine Chancen betrifft.

Luciano Benavides (ARG) KTM 450 RALLY 2018 © Rally Zone


Benavides begann im zarten Alter von fünf mit dem Rennfahren, arbeitete sich in die höchste Stufe des Enduro-Sports vor, nahm 2015 und 2016 am ISDE teil – und zeigte beim spanischen Event 2016 sein Potential mit einer Medaille. Danach widmete sich der Argentinier der ‚Full Gas Enduro‘-Serie in den Vereinigten Staaten, welche er als Rookie of the Year und auf dem zweiten Gesamtplatz beendete – eine solide Basis für das, was danach geschah, wie wohl viele sagen würden.

„2017 begann ich, mein Glück im Rallye-Sport zu versuchen, und bekam die Chance, beim KTM-Werksteam zu fahren. Alex (Doringer) rief mich an und sagte, dass er mir einen Werkseinsatz ermöglichen könne. Natürlich sagte ich sofort zu, eine solche Chance darf man sich nicht entgehen lassen. Ich bin immer noch extrem glücklich. So eine Chance bekommt man nicht alle Tage und ich bin der Junior im Team. Im letzten Jahr begann ich im August mit der Rallye in Argentinien. Ich wusste nicht, wie man navigiert, und fiel dann auch gleich am ersten Tag nach einem Unfall aus. Dabei brach ich mir das Schlüsselbein,” so Benavides.

„Im Oktober ging es dann nach Marokko zu meinem zweiten Rennen. In der Gesamtwertung kam ich als 16. oder 17. und in der Juniorenklasse als Zweiter an, womit ich mich für die Dakar qualifizierte. Das lief richtig gut. Ich trainierte hart für die Dakar – es war erst mein drittes Rennen. Auf der 10. Etappe (ich wohne in Salta, was diese zu meiner Heimprüfung macht) lag ich in der Gesamtwertung auf dem 15. Platz. Diese Prüfung lief richtig gut für mich und in der Tageswertung war ich Fünfter oder Sechster. Dann hatte ich einen schweren Unfall und brach mir fünf Wirbel im Rücken. Ich hatte große Schmerzen in der Mitte meines Rückens und war sehr frustriert, denn die Lernkurve zuvor verlief ziemlich steil.“

Luciano Benavides (ARG) KTM 450 RALLY 2018 © Future7Media


Mittlerweile hat sich Benavides erholt und zusammen mit dem KTM Factory Racing-Team in Europa getestet, sodass er bereit ist, vor seiner zweiten Dakar im Januar in Chile, Argentinien und Marokko Rennen zu bestreiten. Nachdem er das riesige Interesse, dass Südamerika dank der Dakar auf sich zieht, gesehen hatte, begann Benavides‘ Bruder Kevin im Jahr 2015 mit dem Rallyefahren. Luciano unterstützte seinen Bruder nur zu gerne bei seiner ersten Dakar im Jahr 2016 und entschloss sich nach dem Rennen, auch in den Rallye-Sport einzusteigen.

„Ich verfolgte die Dakar 2016 mit meinem Bruder und sagte, dass ich da auch dabei sein möchte. Zuerst sah ich mir das KTM-Team aus der Perspektive des Zuschauers an und machte Bilder von Toby und Sam – sie waren meine Vorbilder und jetzt fahre ich mit ihnen im selben Team. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich eine große Chance bekommen habe, und ich genieße das Rallyefahren wirklich. Es macht extrem viel Spaß, du musst Entscheidungen treffen und dir selbst vertrauen und ich mag die schnellen Pisten. Es ist einfach cool. Ich fahre mit den besten Fahrern der Welt im besten Team. Es war immer mein Traum, ein Werksfahrer zu sein und das zu tun, was ich liebe. Ich lebe meinen Traum.“

„Mein Vater fährt Amateur-Enduro-Rennen – aber in Salta ist der Enduro-Sport nicht besonders bekannt“, erklärt Benavides auf die Frage, wie er mit dem Motorradfahren begonnen hat. „Dann begann mein Bruder, Motorrad zu fahren, und als ich jünger war, wollte ich ihm immer nacheifern und wir beide wollten uns immer gegenseitig übertrumpfen. Ich will ihn besiegen und er mich. Das ist richtig cool, denn so konnte ich mich als Fahrer – und auch als Person – weiterentwickeln. Diese Leidenschaft liegt bei uns in der Familie. Auch meine Schwester fährt hobbymäßig – sie hat eine KTM 250 SX-F.“

Luciano Benavides (ARG), Matthias Walkner (AUT) & Toby Price (AUS) 2018 © Rally Zone


Zwischen Lucianos Heimat und Europa gibt es gravierende Unterschiede. So macht etwa die wirtschaftliche Situation Argentiniens das Leben aufstrebender Fahrer nicht gerade einfach. Die Basiskosten für ein Motorrad sind hoch und so ist es besonders für Amateure eine Herausforderung, im Sport ihren Weg zu machen. Benavides erklärt uns, dass es in Salta einige gute Plätze zum Fahren gibt, es handelt sich aber wegen der Berge, von denen die Stadt umgeben ist, eher um Enduro- als Motocross-Terrain.

Luciano wohnt noch immer in Argentinien, wo er auch weiterhin trainiert. Für die meist in Spanien stattfindenden Tests mit dem Team nahe der Heimat von Jordi Viladoms, fliegt er nach Europa. In Salta ist das Wetter allgemein gut, sodass es ihm möglich ist, viel Roadbook-Training in der Nähe oder sogar in Chile zu absolvieren. Luciano erklärt, dass es nicht einfach war, einen Platz in diesem Team zu ergattern, und dass er anfangs einen gewissen Erwartungsdruck verspürte. Nach einer steilen Lernkurve ist der KTM-Fahrer aber bereit, als Fahrer zu reifen und sein Handwerk zu erlernen.

„Ich glaube, dass ich heute im Angesicht der anderen Jungs im Team mehr Selbstvertrauen habe. Am Anfang war alles noch sehr fremd. Die Jungs waren meine Idole und jetzt fahren wir zusammen im selben Team. Sie sind aber tolle Kerle, haben mich viel gelehrt und ich versuche immer, von ihnen zu lernen. In unserem Team ist so viel Talent versammelt: Wir haben die letzten drei Sieger der Dakar und Antoine ist fünffacher Enduro-Weltmeister.“

„Da fühle ich natürlich schon einen gewissen Druck, aber das gehört beim Rennfahren dazu. Letztes Jahr fühlte ich immensen Druck, da ich auf einmal im besten Team war; ich wollte ihnen zeigen, wie schnell ich sein kann, und das war wohl mein erster Fehler. Ich glaube, dass mein Unfall bei der Ruta 40 in Argentinien darauf zurückzuführen war. Bei der Dakar war der Druck wieder anderer Art. Dort war ich der Lokalmatador und wurde von den Menschen meiner Stadt angefeuert. Mein Team sagte mir, ich solle vorsichtig sein und in Salta nicht zu energisch angreifen. Ich habe aber nicht auf den Ratschlag gehört und baute wieder einen Unfall. Ich musste meine Lektion auf die harte Tour lernen.“

„Bei der Dakar kann alles passieren; du kannst stürzen, dein Bike kann Probleme bekommen und so weiter. Ich habe aber viel gelernt und glaube, inzwischen mehr Erfahrung zu haben. Das Navigieren ist verdammt schwierig, du musst dich die ganze Zeit darauf und auf deine Fahrt konzentrieren. Es ist wirklich hart, deine Konzentration fünf Stunden lang oder länger nicht zu verlieren. Beim Rallyesport geht es um lange Etappen, lange Tage – du schläfst bei der Dakar nicht gut und musst trotzdem viele Stunden im Sattel verbringen. Enduro ist aggressiver, explosiver.“

Luciano Benavides (ARG) KTM 450 RALLY 2018 © PhotosDakar.com


Lucianos Ziel ist, bei den nächsten Rennen anzukommen und dazuzulernen – mit erst zwei größeren Rallyes im Gepäck muss er noch mehr Erfahrung sammeln. Auf seiner KTM 450 RALLY-Werksmaschine will er zu den besten 10 Dakar-Fahrern gehören und in der Juniorenklasse der Cross-Country-Rallye-Weltmeisterschaft ein gutes Resultat erzielen, in der er noch zwei Jahre lang antreten kann.

„Mein Leben dreht sich zu 90% um Gelände-Motorräder. Ich denke gleich nach dem Aufwachen und auch noch vor dem Schlafengehen an Motorräder. Ich verbringe gerne Zeit mit meinen Freunden, aber meistens geht‘s um Bikes und das Rennfahren. Ich liebe einfach alles daran.“

„Ich mache außerdem eine Ausbildung zum Buchhalter. Zwei Jahre habe ich schon hinter mir und zwei weitere stehen mir noch bevor. Nachdem ich den Vertrag mit dem Werksteam unterschrieben hatte, konzentrierte ich mich voll auf den Rallyesport, denn das ist, was ich machen will, und eine einzigartige Chance. Die Zeit wird zeigen, wann ich wieder anfangen kann zu studieren, denn auch das ist für meine Zukunft wichtig.“

Luciano Benavides (ARG) 2018 © PhotosDakar.com


Fotos: Rally Zone | Future7Media | PhotosDakar.com

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