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Writer's pictureHero Motocorp Trinidad and Tobago

Moto3-Werksmotorräder: Hier kommt´s auf Hände (und Hintern) an

Was macht die KTM-Bikes besonders, die sich regelmäßig an der Spitze des Moto3-Fahrerfeldes bewegen? Wir fragen die Leute, die sich jedes Wochenende um die perfekte Vorbereitung kümmern …

Jordi Gallardo wirkt ein bisschen verträumt. Wir stehen in der engen, fast schon klaustrophobischen KTM-Box, während die Mechaniker an den KTM RC250 GP-Werksbikes (Gewicht rund 80kg je Bike, genaue Pferdestärke: nicht bekannt, was wir wissen: es ist verdammt schnell … und offensichtlich super agil) mit den Startnummern ‘41’ und ‘64’ arbeiten. Die Verkleidung und andere Teile des Bikes liegen auf dem Boden oder sind ordentlich gegen die Boxenwand gelehnt. Es ist nur wenig Platz, dennoch herrscht ein Gefühl der Präzision und Ordnung. Wir unterbrechen Jordi inmitten seiner Planung der Aufgaben für den nächsten Tag. Der erste Tag dieses MotoGP-Wochenendes ist bereits Geschichte und das Team ist gedanklich schon beim nächsten Training und der Qualifikation. Trotz des Überfalls (natürlich haben wir eine Verabredung) spricht Jordi gerne mit uns, allerdings – das geben wir zu – haben wir ihn mit dem Thema, über das wir mit ihm sprechen wollen, überrascht. Wir wollen von ihm wissen, was die Bikes von Binder und Bendsneyder besonders macht und wo die Unterschiede liegen. Was sind die Feinheiten, die den Unterschied ausmachen?

Brad Binder´s KTM RC250 GP Doha (QAT) 2016

Brad Binders KTM RC250 GP Doha (QAT) 2016


Gallardo, der bereits im sechsten Jahr im Team arbeitet und in dieser Saison, die bisher sehr erfolgreich verläuft, Binders Crew Chief ist, lächelt nur und sagt: „Nun, um ehrlich zu sein, unterscheiden sich die Bikes bis auf Kleinigkeiten gar nicht! Die einzigen Unterschiede findet man beim Lenker – der bei Brad ein bisschen näher am Körper ist – und bei der Sitzbank.“

So einfach lassen wir ihn aber nicht davon kommen. „Das Setting des Bikes hängt stark vom Gewicht des Fahrers ab“, erzählt der Spanier weiter. „Bo ist größer, deshalb ist das Bike insgesamt ein bisschen größer und das Heck wurde modifiziert, damit es besser zu ihm passt. Lenker und Griffe haben mehr Abstand zum Körper und die Sitzbank ist weniger gepolstert. Bei Brad ist der Abstand zwischen Körper und Lenker geringer und die Sitzbank hat ein Polster von ca. 20mm, was ihm dabei helfen soll, das Gewicht besser nach vorne zu bringen.“

Das Team hat sich einiges einfallen lassen, damit Binder sein Gewicht besser auf die Front verlagern kann und der Effekt ist positiv. „In der letzten Saison lag sein Gewicht tendenziell weiter hinten, weshalb er die Arme mehr strecken musste. An der Verbesserung dieser Position haben wir gearbeitet“, sagt er. „Dieses Jahr ist es schon deutlich besser. Es gelingt ihm, das Gewicht stärker auf die Front des Bikes zu verlagern, wodurch es sich einfacher lenken lässt. Auch für uns ist die Arbeit einfacher, seit er seine Fahrweise umgestellt hat. Jetzt merkt Brad, dass er letztes Jahr viel komfortabler hätte fahren können, wenn er seine Position schon früher umgestellt hätte.“

Bo Bendsneyders KTM RC250 GP Test Valencia (ESP) 2016

Bo Bendsneyders KTM RC250 GP Test Valencia (ESP) 2016


Ohne Frage beherrscht Binder 2016 die Schlagzeilen. Von dem phantastischen ersten Karrieresieg in Jerez, über den beeindruckenden Kampf in Mugello bis hin zur Führung in der Weltmeisterschaft. Da die Aufmerksamkeit ganz klar auf dem Südafrikaner liegt, kann sich Rookie Bo Bendsneyder ganz in Ruhe mit seinem Werksmotorrad und der hartumkämpften Moto3-Klasse vertraut machen. Wir haken bei Gallardo nach, ob die Fahrer für die Saison 2016 auf irgendwelchen Verbesserungen an ihren Bikes bestanden haben. „Wir haben dieses Jahr mit dem Stand weitergearbeitet, den wir letzte Saison hatten, daher gibt es keine großen Unterschiede“, erzählt er uns mit einem Lächeln. „Wir haben eine neue Sitzbank ausprobiert; die hatte Vor- aber auch Nachteile. Am Ende haben wir uns für die entschieden, die für uns die beste Balance bot.“

„Wenn beide Fahrer mit dem Bike der letzten Saison zufrieden sind, gibt es nicht viel, das man ausprobieren oder verändern will. Daher haben wir einfach in die gleiche technische Richtung weitergearbeitet. Wenn das Bike funktioniert, gibt es nichts, das man verändern muss!“

Nach fünf Jahren im KTM-Moto3-Team ist Jordi genau die richtige Person, um uns seine Meinung zum aktuellen Bike zu verraten, das gerade – teilweise ohne Verkleidung – vor uns steht; ein Konstrukt aus schimmerndem Material und perfekt aufeinander abgestimmten Komponenten. „Ohne Frage ist das das beste Bike, das wir je hatten“, sagt er mit voller Überzeugung. „2012 begannen wir mit der Arbeit und die Art, wie wir jetzt an dem Bike arbeiten, ist viel einfacher und effizienter als noch vor ein paar Jahren. Bei der ersten Version war alles ein bisschen arbeitsaufwendiger und ungewohnt, nachdem wir viele Jahre mit Aprilias und Hondas gearbeitet hatten. Es war anders, aber gut und am Ende hatten wir ein besonderes Motorrad.“

Zu guter Letzt wollen wir noch ein bisschen mehr über Brad Binder wissen. Pflegt er eine ähnliche Beziehung zu seinem Bike wie Rossi in der MotoGP? „Er beklebt das Bike mit kleinen Stickern, seinen Logos, aber das ist nicht wirklich ein Ritual“, erzählt Gallardo, bevor er uns noch mehr Einblick bietet. „Es braucht immer ein bisschen Zeit, bis man sich auf einen Fahrer und die Art, wie er sich ausdrückt, eingestellt hat. Brad ist ziemlich direkt und ausdrucksstark, wenn es darum geht zu sagen, was er will. Er lebt wirklich für diesen Sport. Wir können uns glücklich schätzen, mit ihm arbeiten zu dürfen … er beschwert sich nur sehr selten!“

Brad Binders KTM RC250 GP Barcelona (ESP) 2016

Brad Binders KTM RC250 GP Barcelona (ESP) 2016


Auch wir können uns nicht beklagen. Unsere Mission, ein paar Geheimnisse über das KTM RC250 GP-Werksmotorrad zu erfahren, endet in der Erkenntnis, dass es für den Erfolg auf die perfekte Kombination von Fahrer und Team ankommt. Nach unserem Besuch in der Box erleben wir die Moto3 in Aktion und spätestens jetzt ist klar, welchen großen Unterschied der Fahrer ausmachen kann, wenn er auf einem konkurrenzfähigen Motorrad sitzt. Scheint, als macht das Red Bull KTM-Team vieles richtig.

Fotos: KTM

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