Der Name Kiska ist im Zusammenhang mit KTM sinnbildlich für den Look, die Form und die Funktion jedes Motorrads, aber wie arbeiten die beiden Firmen beim Erschaffen neuer Bikes konkret zusammen? Wir fragten in Mattighofen nach …
Die Rolle, welche die österreichische Design-Agentur Kiska beim Look und bei der Haptik jeder KTM spielt, ist weithin bekannt. Ohne ihren Input und ihre Visionen, wären die Funktionen und der Stil der Motorräder, die KTM zu einem nicht zu übersehenden Hersteller gemacht haben, wohl undenkbar gewesen. Die Ideen des Salzburger Unternehmens, welches bereits seit den Anfängen der Pierer-Ära in den frühen 90er-Jahren mit KTM zusammenarbeitet und das seinen Sitz nur 45 Minuten von dem des Motorradherstellers entfernt hat, rückten mit der Einführung der KTM 1290 SUPER DUKE R, der neu entwickelten DUKE-Familie und Modellen wie der beeindruckenden und beispiellosen KTM 1290 SUPER DUKE GT vielleicht noch stärker in den Vordergrund.
KTM 1290 SUPER DUKE R
Auf dem KTM BLOG haben wir in der Vergangenheit bereits mit Gerald Kiska persönlich sowie Lead Designer Craig Dent gesprochen. Dieses Mal wollten wir von den KTM-Ingenieuren hören, wie die Zusammenarbeit funktioniert.
„Es ist schwer zu sagen. Früher haben sie etwas entworfen und wir sind hingefahren und haben es uns angesehen”, sagt etwa Bernhard Plazotta, Vice President R&D Offroad, der uns offenbart, dass noch ein weiterer Aspekt zu beachten ist. „Seitdem haben wir das System weitreichend geändert.“
„Bevor wir ein neues Projekt starten, halten wir einige Workshops ab, an denen auch Kiska-Mitarbeiter, die Rennteams und die Abteilung für Forschung und Entwicklung teilnehmen. Zuerst sehen wir uns das aktuelle Motorrad eingehend an. Dann bringen alle drei teilnehmenden Seiten ihre Ideen darüber, was zukünftig geändert werden soll, ein.“
„Ich würde sagen, dass die Funktionalität [als Priorität] bei den Offroad-Motorrädern stärker im Vordergrund steht; Fußrasten aus Plastik gehen zum Beispiel überhaupt nicht. Dabei spielt der Input aus dem Rennsport eine große Rolle, genauso wie unsere neuen Technologien, und auch die Jungs von Kiska sind immer auf der Suche nach neuen Technologien und kommen vielleicht mit völlig neuen Ideen daher. Wir versuchen, diesen Prozess zwei bis eineinhalb Jahre, bevor Kiska mit dem Tonformen beginnt, ins Rollen zu bringen; so haben wir bereits realistische Ziele für die Designphase vor Augen. Wenn zum Beispiel ein Teil aus Kohlefaser-Verbundstoff verlangt wird, wissen wir bereits, ob es funktionieren wird und ob es vom Kostenstandpunkt her vertretbar ist.“
KTM 450 SX
Scharfkantige Linien und intelligente Designlösungen waren schon immer das Markenzeichen der Offroad-Motorräder von KTM (zum Beispiel die Form der Front- und Heckkotflügel), es waren aber – zumindest, wenn es um die optische Wirkung geht – vor allem die Straßenmotorräder, die das Unternehmensprofil geschärft haben und mit hohen Verkaufszahlen das Unternehmen innerhalb von fünf Jahren zum größten Hersteller Europas aufsteigen ließen. Kiskas Synergien mit der KTM-F&E-Abteilung, die im Laufe von fünfundzwanzig Jahren auf das Zwanzigfache angewachsen ist (von 24 Mitarbeitern im Jahr 1992 auf mehr als 500 heute) sind im Offroad- und Street-Segment gleichermaßen wichtig, für den Ottonormalverbraucher im Street-Bereich aber wahrscheinlich offensichtlicher.
„Unser Verhältnis ist sehr eng, und das muss es auch sein. Wenn wir nur unser Ding durchziehen würden und Kiska nur das ihre, würde nichts zusammenpassen”, sagt Gerald Matschl, Vice President R&D Street. „Bereits ab den ersten Ideen zu einem Bike sind alle eingebunden.“
„Es ist enorm wichtig, dass wir alle auf demselben Stand sind und die gleiche Vorstellung vom Endprodukt haben, bevor wir überhaupt die ersten Skizzen anfertigen. Bei einer KTM 1290 SUPER DUKE R ist es relativ einfach, da das Bike ja bereits existiert und wir es alle kennen und unsere Vorstellung davon haben, wie man es feintunen kann und wo wir damit hin wollen. Bei der neuen KTM 790 DUKE, auf der anderen Seite, ist das schon etwas schwieriger, da wir erst einmal festlegen müssen, wer unser typischer Kunde sein wird und was die Erfordernisse in Sachen Ergonomie, Fahrverhalten und so weiter sind.“
KTM 1290 SUPER DUKE R
„Wir legen alles auf den Tisch, sehen uns die Konkurrenz an, machen Testfahrten und halten Workshops ab, damit wir alle auf demselben Stand sind. Dann beginnen wir, die technischen Ideen dafür, wie der Rahmen oder das Fahrwerk gestaltet werden sollen, zu sammeln. Wir gehen zurück zu Kiska und dort beginnt man, zu skizzieren und Dinge aus der Design-Perspektive vorzuschlagen. Außerdem fangen wir an, einige ergonomische Versuche durchzuführen, und füttern Kiska mit diesen Linien und Informationen. Es handelt sich also um einen gleichzeitig ablaufenden Prozess. Wenn wir einen Schritt machen, lassen wir das Kiska wissen, damit sie den nächsten machen können oder umgekehrt.“
„Das Gute daran ist, dass uns [geographisch gesehen] nicht viel voneinander trennt. Meiner Meinung nach ist es außerdem ganz gut, den kreativen und technischen Teil etwas getrennt zu haben. Normalerweise treffen wir uns jede Woche.“
Craig Dent (GBR) Kiska 2016
Zusammenarbeit ist also der Schlüssel. Trotzdem konnten wir es uns nicht verkneifen, zu fragen, ob es manchmal – nicht nur zwischen den beiden „Ks“, sondern auch zwischen den Teams der Ingenieure und Designer – zu Konflikten oder verzwickten Situationen kommt, wenn Kompromisse und eine Einigung auf ein Bike gefragt sind
„In der Vergangenheit gab es schon einige Meinungsverschiedenheiten“, sagt Plazotta und lächelt. „Heute arbeiten wir viel mit Craig [Dent, Lead Designer], Maxime [Thouvenin] und deren Teams und die wollen unseren Input und setzen dann das Design um, wie zum Beispiel der Frontkotflügel unserer SX-Bikes. Wir wollten eine steifere Lösung, ohne an Gewicht zuzulegen und außerdem eine clevere Oberfläche auf der Innenseite, welche das Rad sauber halten sollte. Bei Kiska begann man zu zeichnen und wir sprachen mit den Lieferanten über das Material; wir alle gingen Schritt für Schritt vor und waren am Ende alle glücklich mit der Lösung.“
Alphabetisch kommt Kiska vor KTM. Wenn es aber um das Erschaffen einiger der coolsten orangefarbenen Motorräder für die Straße, die Rennstrecke oder den Matsch geht, sind die beiden Unternehmen eng verflochten.
Fotos: KTM
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