Seit jeher übt der Motorrad Grand Prix-Sport eine ganz besondere Faszination auf die Motorsport-Fans aus. Die Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife, die Tourist Trophy auf der Isle of Man oder die „wet races“ im berüchtigten „Schnürlregen“ auf dem österreichischen Salzburgring sind heute genau so legendär wie Luigi Taveri, Bill Ivy oder Ángel Nieto, die einstigen Stars der Achtelliter-Klasse. 2005 – vor 10 Jahren, wurde der finnische KTM Werksfahrer Mika Kallio Vizeweltmeister in der kleinsten Grand Prix-Klasse, dazu sicherte sich KTM überlegen den Konstrukteurstitel.
Mika Kallio KTM 125 FRR Valencia (ESP) 2005
Schon Mitte der 50er Jahre bestritt der damals noch junge Motorradhersteller aus Mattighofen erfolgreich Straßenrennen mit einer 125ccm-Viertaktmaschine, nahm allerdings noch nicht an der seit 1949 bestehenden Straßen-Weltmeisterschaft teil. Mit Beginn der Motorradkrise Ende der 50er Jahre wurden die sportlichen Aktivitäten eingestellt und erst Ende der 60er Jahre wieder aufgenommen, allerdings beschränkte man sich damals auf den seriennahen Geländesport.
Mika Kallio, Dani Pedrosa & Jorge Lorenzo Sepang (MAL) 2003
2003 – im 50. Jubiläumsjahr der Motorradproduktion präsentierte KTM auf der Mailänder Messe die Studie der 990 Superduke und machte damit klar, daß sich der aufstrebende österreichische Motorradhersteller zukünftig auch im Segment großvolumiger Straßenmotorräder positionieren wollte. Da war der Wiedereinstieg in den Straßenrennsport nur konsequent. Von Anfang an beteiligte sich KTM in der Oberklasse, dem Grand Prix-Sport, um zu dokumentieren, zu welchen Leistungen die Ingenieure aus Mattighofen fähig waren.
Und gleich in der ersten Saison gab es das erste Podium für die orangefarbigen Renner: der 20-jährige Finne Mika Kallio wurde Zweiter beim Großen Preis von Malaysia in Sepang. Offensichtlich ein gutes Pflaster für KTM, denn der 2004 neu ins Team gekommene Casey Stoner holte ein Jahr später an gleicher Stelle den ersten Grand Prix-Sieg. 2005 war Mika Kallio dann die „Nr. 1“ im Achtelliter-Team neben Julián Simón und Gábor Talmácsi. Bereits beim ersten Rennen im spanischen Jerez wurde Kallio Zweiter, ein Ergebnis, das er schon eine Woche später in Estoril/Portugal toppen konnte. Nach der Pole Position folgte der erste Sieg für den Finnen. Auch in den nächsten sieben Rennen war Kallio gleich sechsmal der Pole Setter.
Der „fliegende Finne“ war aber nicht der einzige Siegfahrer im KTM Team. Bis zum GP von Katar in Doha, drei Runden vor dem WM-Finale, lag er mit Talmácsi mit jeweils drei Siegen gleichauf und auch Julián Simón, der dritte Werkspilot, hatte bereits einen Grand Prix gewinnen können. Am Ende der Saison wurde es dann ganz knapp. Zwar gewann Mika Kallio das Finale in Valencia vor Talmácsi und fuhr seinen vierten Saisonsieg ein, allerdings wurde der Schweizer Thomas Lüthi mit ganzen fünf Punkten Vorsprung Weltmeister. Ein einziger besserer Platz auf dem Podium und Kallio hätte sich die WM-Krone aufsetzen können. Dann hätte trotz Punktegleichheit die höhere Anzahl von GP-Siegen zugunsten des KTM Fahrers entschieden. Allerdings war die Vizeweltmeisterschaft schon im dritten Jahr des Grand Prix-Engagements mehr als man erwarten durfte.
Héctor Faubel, Mika Kallio & Thomas Lüthi Estoril (POR) 2005
Der frischgebackene Vizeweltmeister, im November 1982 im finnischen Valkeakoski geboren, fuhr schon als Kind mit einem Minicycle durchs Fahrerlager, wenn er mit seinem Vater Hannu, selbst ein erfolgreicher Rennfahrer, unterwegs war. Im Alter von zwölf Jahren startete er zum ersten mal bei einem der in seiner Heimat populären Eisrennen, zwei Jahre später ging er als 14-jähriger bei einem Straßenrennen an den Start, das er auf Anhieb gewann. Zweimal in Folge wurde Kallio später finnischer Meister, bevor er 2001 beim Großen Preis von Deutschland auf dem Sachsenring sein Debut in der Grand Prix-Szene gab. Schon ein Jahr später war er Stammfahrer im Team von Aki Ajo, dem heutigen Teamchef von Red Bull KTM. KTM hatte ein Auge auf den „Rookie of the year“ geworfen und engagierte ihn als Werksfahrer für das neue 125er Team, wo Kallio bald zeigte, dass er zu den schnellsten Fahrern in der Achtelliter-Klasse gehörte. Der Vize-Weltmeistertitel war aber nur der Anfang der erfolgreichen Zusammenarbeit mit KTM, die bis 2008 andauerte, als KTM sein 250ccm-Grand Prix-Projekt einstellte.
In Mattighofen durfte man sich aber nicht nur über Kallios Vize-Weltmeisterschaft freuen, Gábor Talmácsi gewann die Bronze-Medaille in der 2005er WM-Runde und mit Julián Simón auf Platz 7 kam auch der dritte Werksfahrer in die Top Ten. Obwohl die Fahrer-Weltmeisterschaft nur denkbar knapp verfehlt wurde, ging der mindestens ebenso wichtige Markentitel mit deutlichem Abstand vor dem Zweitplatzierten an KTM. Bei der für die Industrie besonders prestigeträchtigen Konstrukteursweltmeisterschaft zählt nur das jeweils beste Ergebnis einer Marke. Vier Siege für Kallio, drei für Talmácsi und einer für Julián Simón – bei jedem zweiten Weltmeisterschaftslauf stand ein KTM Fahrer ganz oben auf dem Podium.
Julián Simón, Mika Kallio & Gabor Talmácsi KTM 125 FRR 2005
Spätestens seit 2005 war KTM ein erstzunehmender Gegner im Kampf um die WM-Krone in der kleinsten Klasse. Auch nachdem 2012 die 125ccm-Zweitakter aus dem Grand Prix-Sport verbannt und durch 250ccm-Viertakter in der Moto3-Klasse abgelöst wurden, spielte KTM von Anfang an ganz vorne mit – Sandro Cortese gewann souverän die erste Weltmeisterschaft nach Moto3-Reglement, dazu sicherte sich KTM gleich drei Konstrukteurstitel in Folge.
Fotos: KTMimages.com
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