Wenn man nach populären österreichischen Motorsportlern gefragt wird, fallen einem spontan zwei Namen ein: Niki Lauda und der „Kini”. Beide wurden 1984 Weltmeister, der eine in der Formel 1, der andere auf einer damals noch nicht orangen Motocross-KTM. Lassen wir Kinis spannende Saison noch einmal Revue passieren!
Während der Wiener Niki Lauda im portugiesischen Estoril mit einem denkbar knappen Vorsprung von gerade einmal einem halben Punkt seine dritte und letzte Formel 1-WM vor seinem französischen Teamkollegen Alain Prost gewann, sicherte sich Heinz Kinigadner, der baumlange Tiroler, im finnischen Hyvinkäa seinen ersten Motocross-Titel auf einer 250er KTM. Rückblickend war das einer der wichtigsten Titel für KTM, wurde er doch im 50. Jubiläumsjahr von einem Österreicher auf einem österreichischen Fabrikat gewonnen, was natürlich für ungeheure Popularität sorgte.
<
►
>
Heinz Kinigadner – World Champion 1984 Motocross 250cc
Ähnlich spannend wie bei den Kollegen der Vierrad-Zunft, ging es in der Viertelliter-MC-Klasse zu. Zwar hatte Kinigadner ein kleines Punktepolster herausgefahren, aber Jacky Vimond, der „Pink Panther” aus Frankreich, hatte ebenfalls den Titel im Visier und in der zweiten Saisonhälfte Punkte auf Kinigadner gut machen können. Den vorletzten Motocross Grand Prix im schweizerischen Rothenthurm verließ Vimond sogar mit Maximalpunktzahl, während der Österreicher bei den Eidgenossen Federn lassen musste. Allerdings hatte Kinigadner beim Endlauf in Finnland die besseren Karten in der Hand. Selbst wenn Vimond beide Läufe gewinnen würde, reichte ihm ein fünfter Platz zum Titelgewinn.
Die Stunde der Wahrheit schlug dann am 19. August. Schon im ersten der beiden Läufe auf der sandigen Strecke ließ Kinigadner nichts anbrennen und hielt Vimond auf Distanz. Ein dritter Platz vor dem Franzosen reichte Kinigadner zu seinem ersten Motocross-Titel. Der vierten Weltmeisterschaft für KTM in der Viertelliterklasse, nachdem der Russe Gennady Moiseev in den 70er Jahren bereits drei Titel gewonnen hatte.
<
►
>
World Champions 1984: Michele Rinaldi, Stefan Dörflinger, Christian Sarron, Kenny Roberts senior, Ángel Nieto & André Malherbe
Angefangen hatte Kinis beeindruckende Karriere in den späten 70er Jahren, als der gelernte Bäcker und Konditor aus dem Zillertal als 19-Jähriger bereits österreichischer Doppelstaatsmeister in der 125ccm und 250ccm Klasse war und in bei den 500ern Vizemeister wurde. Nach weiteren nationalen Titeln in der Achtel-, Viertel- und Halbliterklasse folgten 1980 die ersten Weltmeisterschaftspunkte. Ein Jahr später bestritt Kini seine erste komplette WM-Saison, die er als Fünfter beendete. 1982 stand er beim Italien-GP zum ersten Mal ganz oben auf dem Treppchen.
<
►
>
Österreich: Heinz Kinigadner, Franz Wittmann Senior, Hansi Hinterseer & Luggi Schmidtleitner
Wenn auch die letzte Motocross-Weltmeisterschaft für KTM schon einige Jahre zurücklag, hatte sich der damals noch recht kleine österreichische Hersteller nicht von der Übermacht der dominierenden japanischen Marken entmutigen lassen und war mit 250ccm Werksmaschinen immer in Schlagdistanz geblieben. Drei dritte Plätze in der 250er WM 1981, 1982 und 1983 für den Holländer Kees van der Ven sprechen da eine deutliche Sprache.
<
►
>
Kini Family: Isabell, Waltraud, Heinz & Hannes Kinigadner
Kinigadner, der sich durch seinen Sieg beim italienischen WM-Lauf als Top-Fahrer empfohlen hatte, wurde für die Saison 1983 unter Vertrag genommen. Sein Debütjahr bei KTM stand allerdings, durch Verletzungen gehandicapt, unter keinem guten Stern. So ging der Zillertaler nur mit verhaltenem Optimismus in die Saison 1984. Ein Platz unter den ersten Fünf in der Viertelliter-WM war sein erklärtes Ziel. Als dann aber schon beim ersten GP in Frankreich ein Laufsieg auf der Haben-Seite stand und Kinigadner als WM-Leader zum österreichischen Lauf nach Schwanenstadt kam, wurde er schnell zum Publikumsliebling und Titelfavorit. Zur Saisonmitte zog „Kini” seinen Konkurrenten auf und davon. Erst als Vimond in der zweiten Saisonhälfte in Fahrt gekommen war, wurde es am Ende der Saison noch einmal spannend.
1985 konnte Kinigadner seinen WM-Titel verteidigen, bevor er 1989 auf Wüsten-Rallys umsattelte. Auch dort feierte er spektakuläre Erfolge und hatte großen Anteil an der Entwicklung der erfolgreichen KTM Rally-Bikes, deren Erfolgsgeschichte bis heute andauert.
Heinz Kinigadner war ein Glücksfall für KTM. Auch 30 Jahre nach seinem ersten Titelgewinn ist seine Popularität ungebrochen. Bis heute ist er als Motorsportberater für KTM tätig. Neben einem eigenen Label für Sportbekleidung, rief er gemeinsam mit Dietrich Mateschitz, dem Red Bull-Gründer, nach einem tragischen Unfall seines Sohnes Hannes „Wings for Life“ ins Leben. Die Stiftung unterstützt die medizinische Forschung bei dem Ziel, die Heilung von Rückenmark-Verletzungen zu ermöglichen.
Fotos: Heinz Kinigadner
Comments