„Ein neues rassiges Sportmodell aus Österreich! KTM stellte auf der Wiener Frühjahrsmesse 1975 zum ersten Mal eine richtige Straßensport-Maschine vor!“ Der Autor dieser begeisterten Zeilen war kein Geringerer als Dr. Helmut Krakowizer, allgemein bekannt als „Der Motorrad-Professor“.
Und der „Professor“ hatte nicht übertrieben. Die neue KTM Comet Grand Prix 125 RS begeisterte auf den ersten Blick. Lackiert in edlem goldmetallic und schwarz erinnerte sie an die in den 70er Jahren erfolgreichen Formel 1-Renner des John Player-Lotus-Teams. Ein Blickfang waren auch die schwarzen 17“-Magnesium-Gussräder. Mit hochwertiger Ceriani-Telegabel und großer Scheibenbremse im Vorderrad kam die Comet wie ein erwachsenes Motorrad daher, während die deutschen Konkurrenten ihre Abstammung von den 50-ccm-Kleinkrafträdern nicht verbergen konnten. Für den Antrieb sorgte ein Sachs-Motor Typ 1251/6D. Der nicht einmal 27 Kilogramm wiegende kleine Kraftprotz stand gut im Futter und brachte 17 PS über ein Sechsgang-Getriebe auf die Straße.
KTM Comet Grand Prix 125 RS
Wer damals eine 125er Comet fahren wollte, musste mindestens 18 Jahre alt sein und den „großen“ Motorradführerschein haben. Die 125er Leichtkrafträder, die heute bereits von 16-Jährigen gefahren werden dürfen, gab es erst später. Natürlich hätte man auch gleich auf ein größeres Motorrad als eine 125er steigen können, aber in den 70er Jahren waren die Versicherungsprämien für Motorräder recht hoch, so dass praktisch jeder Hersteller auch eine 125er im Programm hatte. Dazu gab es genug Fans der populären Achtelliterklasse, deren Idole die Grand Prix-Stars Dieter Braun, Angel Nieto oder Kent Andersson waren und für die natürlich auch nur eine der schnellen 125er in Frage kam. Nicht ohne Grund trug die Comet den Zusatz „Grand Prix“ und „RS“ für „Rennsport“ in der Modellbezeichnung.
Auch KTM war Ende der 50er Jahre von der Krise auf dem Zweiradmarkt betroffen – viele Leute konnten sich mittlerweile ein Auto leisten und dem Motorrad haftete bald der Geruch eines „Arme-Leute-Fahrzeugs“ an. 1960 wurde die Motorradproduktion in Mattighofen eingestellt und KTM konzentrierte sich auf Mopeds, Roller und Comet-Kleinkrafträder mit 50 ccm, die bereits von 16-Jährigen gefahren werden durften und für die hohe Absatzzahlen zu erwarten waren. Obwohl offiziell keine Motorräder über 50 ccm mehr im Programm waren, tauchten bei verschiedenen Geländeveranstaltungen immer wieder KTMs mit 100 oder 125 ccm auf.
Aufmerksamkeit erregte der spätere italienische Importeur Arnaldo Farioli bei der Sechstagefahrt 1966 im schwedischen Karlskoga, als er auf einer 100-ccm-Maschine startete. Weil der größere Viergang-Sachs-Motor die gleichen Befestigungspunkte wie der 50-ccm-Motor hatte, konnte dieser Motor ohne Weiteres in ein serienmäßiges Comet-Fahrgestell eingebaut werden, was bald darauf auch geschah. Ein Scrambler mit dem Hunderter Sachs-Motor wurde in den USA aus Marketinggründen als „Hansa“ verkauft, aber auch in der Heimat kamen einige Comet 100 auf die Straße.
Als Ende 1967 auf Anregung von John Penton eine kleine Geländemaschine für den amerikanischen Markt konstruiert wurde, fiel die Wahl auf den kurz zuvor auf der Mailänder Motorradmesse präsentierten neuen 125-ccm-Motor von Sachs. Ähnlich wie beim Viergang-Hunderter gab es auch jetzt neben den Geländemaschinen wieder KTM Motorräder mit 125 ccm, die allerdings überwiegend für den Export gedacht waren.
Hansa 100
In den späten 60er Jahren zeichnete sich ein Ende der Flaute auf dem Zweiradsektor ab und das Motorrad wurde als Sportgerät wiederentdeckt. Da lag es auf der Hand, dass KTM auch für den heimischen Markt sein 50-ccm-Programm mit einer sportlichen Achtelliter-Maschine nach oben hin erweitern wollte, zumal der Antrieb sich ja bereits in den KTM Sportmaschinen bewährt hatte. Mit einem Doppelschleifenrahmen, aus dem Rennsport stammenden Magnesiumrädern und einer großen Grimeca-Scheibenbremse im Vorderrad war die Comet Grand Prix 125 RS deutlich besser ausgestattet als die Nürnberger oder Münchner Konkurrenz. Und als im Rahmen der Modellpflege die hintere Trommelbremse durch eine Brembo-Scheibenbremse ersetzt wurde, war die KTM das Nonplusultra in der 125-ccm-Klasse. Heute werden die noch existierenden „Grand Prix“ von Liebhabern mit großem Aufwand restauriert und ihre Schätze blitzen wie damals vor 40 Jahren auf der Wiener Frühjahrsmesse.
Ein direktes Nachfolgemodell der Comet Grand Prix 125 RS gab es nicht, aber im Laufe der Jahre kamen einige interessante Maschinen auf die Straße. Die sogenannte „Wartbichler-KTM“ war eine Studie mit dem wassergekühlten Motor der LC 1-Enduro, blieb aber ein Einzelstück. Die Sting 125 war 1998 optisch der Duke 1 nachempfunden, die 15 PS starke und 121 kg schwere „Zweitakt-Duke“ durfte als Leichtkraftrad nun auch von 16-Jährigen gefahren werden.
Wartbichler KTM
Auch heute hat KTM mit der RC 125 wieder ein faszinierendes Achtelliter-Motorrad im Programm, die Einstiegsmaschine für junge Rennsportbegeisterte. Der hochmoderne DOHC-Motor mit Flüssigkeitskühlung leistet 11 kW (15 PS), hat ein Drehmoment von 12 Nm und bietet volle Rennsport-Performance für den täglichen Einsatz. Wenn die RC 125 auch nicht den Beinamen „Grand Prix“ in der Typenbezeichnung führt, so sind doch die Gene vom Superbike RC8 nicht zu übersehen. Und das Schönste daran: man muss nicht warten, bis man 18 ist, sondern darf die RC 125 schon mit 16 fahren.
KTM RC 125
Fotos: www.ktmimages.com | oldibuildl
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