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#inthisyear1956: Ingenieur Ludwig Apfelbeck arbeitet für KTM

Spektakuläre Sporterfolge und populäre Serienmaschinen – hinter den erfolgreichen Konstruktionen steckt oft ein ganzes Team von Technikern – bis in die 1970er Jahre war das anders. So wie heute noch der Name Kiska für das markante Design der KTM-Modelle steht, waren früher viele Motorräder eng mit dem Namen ihrer Konstrukteure verbunden. Richard Küchen, Ludwig Apfelbeck, Walter Kaaden, Helmut Fath oder Heinrich Wieditz gehören zu diesen genialen Technikern, die bis heute unvergessen sind. Vor genau sechs Jahrzehnten gelang es KTM-Chef Hans Trunkenpolz, den berühmten Konstrukteur Ludwig Apfelbeck nach Mattighofen zu holen, um dort einen Motor für die 125ccm-Straßenrennmaschine zu bauen.

Das erste KTM-Motorrad – die handgeschaltete R 100 mit Seilzugstarter – hatte 1953 die Werkshalle in Mattighofen verlassen, ein Jahr später wurde bereits die tausendste KTM, eine 125ccm „Tourist“ gebaut, der erste von vielen KTM-Produktionsrekorden. Von Anfang an beteiligte sich das noch junge Werk an den populären nationalen Motorradrennen. Erich Trunkenpolz, Sohn des Firmengründers und später selbst KTM-Chef, war dabei in der Klasse „Tourenmaschinen bis 125ccm“ sehr erfolgreich. Allerdings waren die damaligen 2-Takter recht leistungsschwach und die Zeit der Hochleistungszweitakter noch in weiter Ferne, so dass sich der Einsatz von 4-Taktern anbot, wo man das Thema „Leistungssteigerung“ technisch beherrschte. Nach einigen Versuchen mit einem NSU-Motor im KTM-Fahrgestell oder zugekauften MV-Agusta-Rennern präsentierte KTM 1955 eine neu entwickelte Rennmaschine mit eigenem Fahrwerk, dessen charakteristisches Merkmal eine geschobene Vorderschwinge war, nach ihrem Erfinder „Earles-Gabel“ genannt. Für den Antrieb griff man zunächst noch auf die vorhandenen MV-Agusta-Motoren zurück. Als dann ein Jahr später Ingenieur Ludwig Apfelbeck engagiert werden konnte, wollte man mit einem eigenen KTM-Rennmotor schon 1957 in die Achtelliter-Weltmeisterschaft eingreifen, wo damals italienische Marken dominierten.

Ludwig Apfelbeck (l.)

Ludwig Apfelbeck (l.)


Ludwig Apfelbeck, 1903 im österreichischen Knittelfeld in der Nähe des heutigen Red Bull-Rings geboren, besuchte schon als Schüler oft die benachbarte Puch-Teststrecke und so war sein beruflicher Werdegang eigentlich schon früh vorgezeichnet. Als Inhaber einer Autowerkstatt entwickelte er in den 1930er Jahren einen speziellen wassergekühlten 4-Ventilkopf, bei dem Ein- und Auslassventile jeweils diagonal gegenüberlagen. Diesen Zylinderkopf – erfolgreich bei Sandbahnrennen eingesetzt – meldete Apfelbeck 1935 beim österreichischen Patentamt an. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg baute Apfelbeck zunächst erfolgreich Bahnsport-Motoren, bevor er als Versuchsleiter zu Horex nach Deutschland wechselte. Vor genau 60 Jahren kam Ludwig Apfelbeck zurück nach Österreich zu KTM.

Im Winter 1956/1957 entstand an Apfelbecks Zeichenbrett der neue 125ccm-KTM-Rennmotor. Charakteristisches Merkmal war der Zylinderkopf mit zwei Nockenwellen, die durch eine Kette angetrieben wurden. Geschaltet wurde über ein 6-Gang-Getriebe, nur das Motorgehäuse erinnerte noch an die früheren KTM-MV-Rennmaschinen. Wenn der Kurzhuber auch nur etwa 17 PS bei 12.000/min leistete, so war die vollverkleidete Maschine je nach Übersetzung doch 180 km/h schnell.

Apfelbeck-KTM Ice-Speedway 1957

Apfelbeck-KTM Ice-Speedway 1957


Ihre Feuertaufe bestand die Apfelbeck-KTM am 10. Februar 1957 beim Eisrennen in Zell am See, wo der Motor zum ersten mal in der Öffentlichkeit zu sehen war. Beim Straßenrennen in Mattighofen gab es kurz darauf quasi vor den Werkstoren den ersten Sieg für die KTM RS, so die offizielle Bezeichnung. Weitere Siege unter Erwin Lechner und Paul Schwarz folgten, vor allen Dingen ließ Lechners fünfter Platz inmitten der Weltspitze beim „Int. Rupert-Hollaus-Gedächtnis-Rennen“ in Salzburg aufhorchen.

Parallel zur Entwicklung der KTM RS arbeitete Ing. Apfelbeck Ende 1956 auch an einem führerscheinfreien Motorroller für den Alltagsgebrauch, der in großen Stückzahlen Geld in die Kasse bringen sollte. „Mecky“, so der Name des Rollers, wurde als „erster Mopedroller der Welt“ beworben. Dazu war „Mecky“ eine Premiere – anders als die bisherigen KTM-Modelle wurde der Roller nicht von einem zugekauften Rotax-Sachs-Motor angetrieben. Der von Ing. Apfelbeck konstruierte 50ccm-3-Gang-Motor war der erste eigene KTM-Motor in der langen Firmengeschichte. Eine nette Geschichte gibt es über den ersten Prüfstandslauf zu berichten, als der Motor statt der „konstruierten“ 2 PS ganze 3,5 PS leistete und einer der Techniker ausrief: „Himmelsakra, hiazt ham ma zu guat‘ konstruiert! Wia kriag ma d’Leistung wieda oba?“, was etwa soviel bedeutet wie „Mein Gott, jetzt haben wir zu gut konstruiert! Wie bekommen wir die Leistung auf die geplanten 2 PS reduziert?“

Apfelbeck-Motor

Apfelbeck-Motor


Damals zeichneten sich schon erste dunkle Wolken am Motorradhimmel ab, weil viele sich lieber einen Kleinwagen kaufen wollten, als ungeschützt bei Wind und Wetter mit dem Motorrad zur Arbeit fahren zu müssen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist da nur allzu verständlich, dass die kostenintensive Weiterentwicklung der Rennmaschine, die ja nur wenig Bezug zu den damaligen Serienmaschinen hatte, eingestellt wurde. Nach gerade einmal einem Jahr verließ Ludwig Apfelbeck KTM wieder in Richtung Deutschland.

Während der Mecky-Roller weiter produziert wurde und 1959 durch eine soziustaugliche Variante mit gebläsegekühltem Sachs-Motor abgelöst wurde, konnten Paul Schwarz und Erwin Lechner mit ihren mittlerweile auf privater Basis eingesetzten RS mehrere nationale österreichische Staatsmeistertitel erringen, bevor die Apfelbeck-KTM 1961 zum letzten Mal eingesetzt wurde.

Fünfzig Jahre nach Beginn der Motorradproduktion gab es im Jubiläumsjahr 2003 dann ein erfolgreiches Comeback auf der Rennstrecke, zunächst mit 125ccm und kurz darauf mit 250ccm-2-Taktern, wo Casey Stoner, Mika Kallio oder Marc Márquez erste Kostproben ihres Könnens abgaben. Seit der Reglementsänderung 2012 ist KTM in der Moto3-Klasse mit 250ccm-Viertaktern eine feste Größe. Neben drei Markenweltmeisterschaften gewannen Sandro Cortese und Maverick Viñales zwei Fahrertitel und kurz vor Halbzeit der 2016er Runde führt Brad Binder die WM-Tabelle mit komfortablem Vorsprung an. Der Einstieg in die Königsklasse ist für 2017 beschlossene Sache. Pilotiert wird die MotoGP-KTM im kommenden Jahr von Bradley Smith und Pol Espargaró.

Fotos: KTM

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