Toby Price, der Sieger der Rallye Dakar 2016, kennt sich mit Rückschlägen gut aus. Noch bevor seine Rally-Karriere richtig begonnen hatte, brach sich der Australier bei einer Hare and Hounds-Veranstaltung in Amerika drei Rückenwirbel. Als er 2017 seinen Dakar-Titel verteidigen wollte, resultierte ein weiterer Crash in einem schweren Beinbruch und seinem sofortigen Ausfall. Mit seiner positiven Einstellung, Hartnäckigkeit und seiner Kämpfer-Natur arbeitete sich Price zurück an die Spitze und beendete die 2018er-Ausgabe der Rallye Dakar neuerlich auf einem Podiumsplatz. Dann gewann er die FIM Cross-Country Rallies Weltmeisterschaft und machte sich damit zu einem Favoriten für die Dakar 2019. Dennoch erlebt das KTM-Ass gerade die negativen Seiten des Sports – nachdem er diese Woche im Training eine Handgelenksverletzung erlitten hat, wird es für Price ein Wettlauf gegen die Zeit, um zum Start der Dakar im Januar rechtzeitig fit zu sein.
Toby Price (AUS) 2018 © Sebas Romero
Tobys Weg zur Dakar begann 2015. Als Support-Fahrer bei KTM für das wesentlich erfahrenere Duo Marc Coma und Jordi Viladoms überraschte der Australier mit einem Podestplatz nicht nur viele Dakar-Stammfahrer, sondern auch sich selbst.
„Um ehrlich zu sein, war ich überwältigt. Ich hätte nie damit gerechnet, auf dem Podium zu stehen. Ich wusste, dass es schwierig werden würde – mein Ziel war, unter die ersten 20 zu kommen, ich hoffte aber, etwas besser abzuschneiden und es vielleicht sogar in die Top 10 zu schaffen. Im Laufe der Rally verbesserten sich meine Zeiten und ich konnte sogar die vorletzte Sonderprüfung für mich entscheiden. Ich blieb konzentriert und gab weiterhin Vollgas. Als Dritter anzukommen war fantastisch und seitdem ist die Dakar aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken.“
Toby Price (AUS) KTM 450 RALLY Dakar Rally 2015 © Marcin Kin
Ein Jahr später stand Price bei der Dakar auf dem obersten Podestplatz. Es war insgesamt erst seine sechste Rallye, doch der mehrfache australische Offroad-Meister gewann 5 von 13 Sonderprüfungen und siegte am Ende des 9.237 Kilometer langen Rennens mit 40 Minuten Vorsprung.
„Es ist schwer zu beschreiben, wie schwierig die Dakar wirklich ist. Du musst es selbst erlebt haben, um es zu verstehen. Anzukommen alleine ist schon ein Triumph – zu gewinnen fühlt sich einfach umwerfend an.“
Toby Price (AUS) KTM 450 RALLY Dakar Rally 2016 © Marcin Kin
Es ist wenig überraschend, dass sich Price nach seinem Dakar-Sieg voll auf den Cross-Country-Rennsport konzentrierte. Nach einem dritten Platz in seiner ersten Saison in der FIM-Cross-Country-Rallies-Weltmeisterschaft ging Price bei der Dakar 2017 voller Zuversicht an den Start.
Einem starken Beginn folgte ein Sieg bei Sonderprüfung zwei und alles sah danach aus, als würde Price seinen zweiten Sieg in Folge feiern können. In der dritten Prüfung kostete ihn ein Navigationsfehler viel Zeit und der Australier machte sich daran, in der vierten wertvolle Minuten gutzumachen. Unglücklicherweise kam er nur wenige Kilometer vor dem Ziel der Prüfung zu Sturz, brach sich den Oberschenkel und schied somit aus der Rally aus.
Zu sagen, dass 2017 eine ‚Herausforderung‘ für Price war, wäre eine gewaltige Untertreibung. Nach einer langen Zeit der Erholung, in der er an seiner Kraft und Fitness arbeitete, wollte Price eigentlich an der OiLibya Rally in Marokko teilnehmen, musste sich stattdessen aber neuerlich unter das Messer legen, während die 2018er Dakar immer näher rückte. Prices Teilnahme an der Rallye Dakar im darauffolgenden Januar schien fraglich.
„Ich war verunsichert. Ich musste die Verletzung völlig auskurieren und hatte aufgrund der neuerlichen Operation wenig Zeit, mich auf dieses Rennen – das härteste der Welt – vorzubereiten. Ich hatte fast neun Monate lang kein Bike mehr bewegt, und nach so einer langen Zeit zurückzukommen und wieder schnell zu sein, ist eine große Aufgabe. Das Team leistete aber großartige Arbeit mit dem Bike und unterstützte mich, wo es nur konnte. So konnte ich die erste Prüfung mit dem bestmöglichen Gefühl angehen, wenn man in Betracht zieht, was ich durchgemacht hatte.“
Toby Price (AUS) KTM 450 RALLY Dakar Rally 2017 © Marcin Kin
Nach einem soliden Beginn wurde Price immer stärker und erwies sich dort als schnell, wo andere Fahrer bereits müde wurden. Mit zwei gewonnenen Sonderprüfungen in Folge und einem zweiten Platz auf der 14. und letzten Prüfung errang der Sieger der Dakar 2016 den beeindruckenden dritten Platz.
„Ich war so glücklich, als ich die Ziellinie in Argentinien erreichte – das war von Beginn an mein Ziel gewesen. Die Rallye Dakar zu beenden, ist alleine schon eine große Leistung. Es dabei auf das Podium zu schaffen ist unglaublich, besonders nach einem so schwierigen Jahr. Das ganze Team hat wunderbar zusammengearbeitet und alles gegeben und all das wäre ohne die großartigen Menschen um uns herum nicht möglich gewesen.“
Toby Price (AUS) KTM 450 RALLY Dakar Rally 2018 © PhotosDakar.com
Die Weltmeisterschaftssaison 2018 begann für Price dann nicht nach Wunsch. Beim ersten Rennen in Abu Dhabi gewann er zwar die erste Prüfung und war einer der Fahrer von Red Bull KTM Factory Racing, die alle drei Top-Platzierungen des Tages erreichten. Nach einem guten Start in den zweiten Tag, beschädigte ein Crash die Kraftstoffleitung seiner KTM 450 RALLY, was ihn fast 30 Minuten kostete. Price überquerte die Ziellinie auf Platz 11. Der Australier kämpfte sich zwar bis auf den siebten Gesamtplatz zurück. Da sein Meisterschafts-Rivale Pablo Quintanilla die Rally aber als Gesamtsieger beendete, war es für Price ein hartes Stück Arbeit, ihm in den verbleibenden Läufen den Meisterschaftssieg noch streitig zu machen.
„Ich hatte beabsichtigt, einen besseren Platz als den siebten einzufahren. Andererseits konnte ich von Glück reden, dass ich die Rally nach meinem Unfall überhaupt beenden konnte. Ich gab nie auf und griff bis zum Ende an, obwohl ich wusste, dass es verdammt schwierig werden würde, so viel Zeit gutzumachen.“
Toby Price (AUS) Abu Dhabi Desert Challenge 2018 © Marcin Kin
Nachdem die großen Teams entschieden hatten, nicht an Lauf zwei in Doha teilzunehmen, musste Price bis zur Atacama Rally in Chile und Lauf drei warten, um zurückzuschlagen und sich wieder in die Nähe des Titels zu bringen. Mit einer konstanten Performance und Rängen unter den besten Fünf bei allen Prüfungen holte der 31-Jährige den zweiten Gesamtrang und hielt seine Meisterschafts-Ambitionen damit am Leben.
„Ich hatte es mir zum Ziel gesetzt, bei der Atacama Rally konstant zu fahren und mich nach der Sommerpause wieder mit dem Bike und der Navigation anzufreunden. Bei so einem schwierigen Rennen den zweiten Platz zu erringen, war ermunternd und gab meinem Selbstvertrauen einen wichtigen Schub für die letzten beiden Läufe.“
Toby Price (AUS) KTM 450 RALLY Atacama Rally 2018 © Rally Zone
Eine weitere starke Leistung bei der Desafio Ruta 40 in Argentinien brachte Price einen weiteren zweiten Platz – nach 17 Stunden lag er nur sechs Sekunden hinter dem Erstplatzierten. Was noch wichtiger war: Quintanilla kam neuerlich einen Platz hinter Price ins Ziel, was Letzterem vor dem letzten Rennen – der Rally du Maroc – ein paar Extra-Punkte im Kampf um die Meisterschaft einbrachte.
Vor diesem letzten Lauf trennten Price nur acht Punkte von Quintanilla auf Rang 1. Tatsächlich hatten aber sogar die ersten sechs Fahrer in der Meisterschaft Chancen auf den Titel und der Sand von Marokko sollte die Entscheidung herbeiführen.
Trotz des gewaltigen Drucks des Kampfs um die Meisterschaft gab es für Price nur eine Option – Vollgas zu geben. Und genau das tat er auch. Die Bestzeit im Prolog zeigte der Konkurrenz, dass er es ernst meinte. Eine weitere auf der ersten Prüfung untermauerte das.
Obwohl er die zweite Prüfung als Erster in Angriff nehmen musste, führte er sie vom Start bis ins Ziel die meiste Zeit an und musste sich am Ende nur knapp seinem Teamkollegen Matthias Walkner geschlagen geben. Vor dem Start der dritten Sonderprüfung – der ersten Marathon-Prüfung der Rally – in Führung liegend, fuhr Price 280 Kilometer lang konstant, sparte seine Kräfte und kam als Sechster im Basislager an.
Auf den letzten beiden Sonderprüfungen gab Price wieder alles – legte auf der vierten Prüfung die beste Zeit hin und kam einen Platz vor Quintanilla ins Ziel, um seine Gesamtführung vor dem letzten Tag abzusichern.
Die fünfte und letzte Prüfung der Rally sowie der Weltmeisterschaft 2018 hätte schließlich nicht besser laufen können. Nach einem harten Kampf mit Honda-Fahrer Kevin Benavides kam Price mit nur 12 Sekunden Rückstand als Zweiter ins Ziel. Das verhalf dem KTM-Fahrer zum Gesamtsieg bei dieser Rally und dem Titel in der FIM-Cross-Country-Rallies-Weltmeisterschaft 2018.
„Es war eine unglaubliche Saison – ich kann es immer noch nicht fassen. Es war ein richtig harter Kampf und nach meinem schwachen Start in Abu Dhabi habe ich nicht mehr daran geglaubt, am Ende ganz oben zu stehen. Trotz all der Verletzungen und Rückschläge, die ich in meiner Karriere verkraften musste, habe ich nie aufgegeben, immer nach vorne geblickt und immer versucht, eine positive Einstellung zu behalten. Zu Beginn des letzten Tages in Marokko war ich richtig nervös gewesen. Auch wenn du in Führung liegst, kannst du dich im Rallysport nie darauf verlassen, dass du sie auch behalten wirst. Das ist mein erster Weltmeistertitel und nach einer so positiven Dakar zu Beginn des Jahres war 2018 ein wirklich fantastisches Jahr für mich. Ich möchte mich bei meinem Team und allen bei Red Bull KTM bedanken – ohne diese Leute könnte ich niemals solche Leistungen erbringen. Der Schnellste der Welt zu sein, ist das beste Gefühl aller Zeiten.“
Toby Price (AUS) KTM 450 RALLY Rally du Maroc 2018 © Rally Zone
Toby bereitet sich nun auf Peru und die Rallye Dakar 2019 vor. Für den Australier beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, nachdem er sich im Training für die Dakar am Kahnbein der rechten Hand verletzt hat und einmal mehr daran erinnert, welche Freuden und Herausforderungen der Offroad-Sport mit sich bringt. Aber Toby wird alles geben, um rechtzeitig fit zu sein und im neuen Jahr an den Start gehen zu können – wer weiß, was Toby angesichts seiner Comeback-Historie bei dem 10-tägigen Event zu leisten im Stande ist. Das Ziel bleibt das gleiche wie in jedem Jahr: eine gute und sichere Dakar mit einem starken Ergebnis. Wir wünschen Toby eine schnelle Genesung und freuen uns darauf, ihn bei der Dakar zu sehen!
Toby Price (AUS) KTM 450 RALLY 2018 © Sebas Romero
Fotos: Sebas Romero | Marcin Kin | PhotosDakar.com | Rally Zone
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