Blog Autor Pump Kinn drehte mit der neuen KTM 390 Duke noch eine Extrarunde durch Österreich.
Beim Motorradfahren gibt es eine einfache Faustregel: Je besser das Bike, desto mehr will man davon. Ungefähr wie beim Süßigkeiten-Essen. Ich musste beim Fahren mit der Duke 390 jedenfalls immer an Mozart-Kugeln denken, die legendären Salzburger Schoko-Kugeln mit Pistazien-Marzipan und Nougat-Füllung. Klein, aber lecker und eine echte Delikatesse. Einmal auf den Geschmack gekommen fällt es schwer, die Finger davon zu lassen.
Als der Launch-Testtag der Duke 390 in Salzburg beendet war, ging ich also zu den Orangierten, fragte schüchtern nach einem Nachschlag und siehe da, am nächsten Tag wurde von insgesamt 36 Bikes der Testflotte eines nicht verladen, um nach Mattighofen zurück speditiert zu werden, sondern mir in die Hand gedrückt. »Viel Vergnügen« hieß es dazu. Also packte ich Tankrucksack und Gepäcktasche drauf und machte mich grinsend aus dem Staub.
Unvorbereitet wie ich war, fuhr ich einfach drauflos. Dabei geisterten verrückte Destinationen durch meinen Kopf. Südfrankreich zum Beispiel, eine Partie Boule in Bandol spielen und einen Rotwein trinken. Oder die kroatische Küste, eine Runde schwimmen, irgendwo in der Nähe von Pula vielleicht. Wien war eine weitere Option, um eine Melange zu trinken und weitere Süßspeisen zu verkosten. Leider spielte das Wetter dafür nicht mit. Noch bevor ich die Stadtgrenze passierte, setzte Regen ein, der immer heftiger wurde, dazu war es empfindlich kalt – kurzum, ich flüchtete schon bald in das nächstbeste Café und wartete erstmal ab.
Der Blick auf den Wetterbericht war niederschmetternd. Im Umkreis von zwei Tankfüllungen alles furchtbar und keine Besserung in Sicht. Nach dem dritten Tee und einigen Mozartkugeln raffte ich mich auf und steuerte die Duke tapfer durch den Regen. Der 390 machte das nix aus, auch die Metzeler Sportec M5 Reifen performten Vertrauen erweckend, aber die Freude am Fahren hielt sich in Grenzen. Nach weniger als 100 Kilometern gab ich auf und suchte mir eine Pension.
Am nächsten Tag war der Spuk vorbei. Blauer Himmel, ein paar Wölkchen, die Sonne lachte. T-Shirt unter dem Leder reichte völlig. Die optimistischen Traum-Destinationen von gestern waren natürlich vom Tisch, aber für einen ordentliche Fahrtag sollte es reichen. Ich warf also einen Blick auf die Karte und erkohr den Großglockner zum Ziel. Mit der jüngsten Duke auf den höchsten Berg Österreichs. Eine Tankfüllung hin, eine zurück, das sollte passen.
Bei der Fahrt über Landstraßen ist die Duke 390 voll in ihrem Element. Superleichtes Handling, astreine Bremsen, gelungene Federungsabstimmung, aufrecht entspannte Sitzposition. Eigentlich fährt das wie von selbst. Logisch: Je weniger Gewicht, desto mehr Fahrspaß. Warum geriet diese Formel eigentlich mehr oder weniger in Vergessenheit? Darüber lässt sich trefflich grübeln, wenn einem der Sinn danach steht.
Die 390er Duke jedenfalls macht Schluss mit Übergewicht, mit Hubraum-Manie und mit PS-Fixierung. Andere haben jahrelang 600er oder 800er auf 50 PS heruntergewürgt, um einsteigerfreundliche Etiketts dranhängen zu können. Die Duke haucht der Mittelklasse keck neues Leben ein: Ausgewogenheit statt Übergewicht. Fahrspaß statt Langeweile. Leichtfüßige Dynamik statt klotziger Statur. Frei nach dem Motto: Weniger ist mehr.
150 Kilo vollgetankt und 44 PS treffen den Nagel verdammt zielgenau auf den Kopf.. Natürlich reisst man damit nicht den Asphalt auf wie mit einem Einliter-Big Bike. Aber man fasst eine agile und unglaublich sympathische Packung Fahrdynamik aus. Und vor allem eine, die nicht gleich grenzenlos überfordert, wenn man den Motor bis zum roten Bereich ausdrehen lässt. Aber das sich niemand täuscht. Null auf 100 in rund 6 Sekunden, das sind Sportwagen-Dimensionen, für die man ansonsten schön tief in die Tasche greifen muss.
Der 390er Motor dreht mühelos und locker hoch, das leichtgängige Getriebe harmoniert prima dazu. Normal im Verkehr mitschwimmen ist kein Thema. Wenn man den Einzylinder ständig im oberen Drehzahlbereich jubeln lässt, geht die Maschine ab wie die (Mozart-)Kugel aus dem Rohr. Jedenfalls, in Verbindung mit wenig Gewicht und tollem Handling, bereitet das Fahren mächtig Spaß.
Die Leichtigkeit, mit der sich die Duke 390 durch Kurven lenken lässt, ist frappierend. Präzise, sicher und mit knackigem Kurvenspeed. Was für ein geniales Gerät. So viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr. Vor allem in Wechselkurven. Rechts-links-rechts-links. Je länger ich fuhr, desto weniger wollte ich anhalten, verrückt.
Das Fahrspaßgerät gibt sich fesch. Kompakt, aber kraftvoll. Die Ausstrahlung ist einladend sportlich. Der Gitterrahmen ist eine Augenweide, der Tank macht nach vorne breite Backen, das kurze Heck sorgt für einen knackigen Abgang. Und die Stupsnasen-Lampenverkleidung rundet den Auftritt freundlich ab. Obwohl der Rahmen identisch und auch das Bodywork der Duke 390 nicht größer ist als beim 125er und 200er Schwestermodell, wirkt sie optisch erwachsener, was mit am großen Motor und den orangen Gußfelgen liegen mag. Jedenfalls fühlte ich mich gut angezogen. Ich sass nicht auf einem kleinen, sondern auf einem schicken Motorrad.
Als ich nach ein paar Stunden beschwingter Fahrt am Großglockner ankam, machte mir eine Schranke einen Strich durch die Rechnung. Die Paßstraße war noch gesperrt. Mein Pech, ich war ungefähr eine Woche zu früh. Erst zum 1. Mai wird die Großglockner-Strasse wieder geöffnet. Na gut, dann eben nicht. Schließlich war nur der Weg das Ziel.
Nach einer Pizzapause nahm ich den Rückweg in Angriff, grobe Richtung gen Salzburg und dann weiter nach Mattighofen. Und wieder genoss ich kurvenreiche Landstraßen, ein paar kleinere Pässe und ließ Schnellstraßen und Autobahnen einfach links liegen. Ganz entscheidend zum Fahrspaß tragen ruhiger Motorlauf und die gelungene Abstimmung der Einspritzung bei. Kein Ruckeln, kein Patschen, kein Schluckauf. Egal bei welcher Drehzahl, ob beim Beschleunigen, bei Halbgas oder im Schiebebetrieb. Das Viertakt-Herz der Duke 390 gibt sich zivilisiert und hängt sauber und bestens dosierbar am Gas. Die Laufkultur für einen Einzylinder ist beeindruckend. Pikobello.
Unterwegs habe ich einige Pausen eingelegt. Dabei gab es Austrias Landschaft mit Gebirgen, Seen, Wasserläufen und etlichen Sehenwürdigkeiten zu bewundern. Und auch etliche Ausstattungs-Feinheiten an der Duke zu entdecken: Bosch-ABS, Fatbar-Lenker und Stahlflex-Bremsleitungen. Upside-Down-Gabel. Radial verschraubte Doppelkolben-Bremszange vorne. Kunststoffbeschichtete Felgen. Motorspoiler, LED-Rücklicht und LED-Blinker. Vernünftige Kettenspanner an der Aluminiumschwinge. Cockpit mit Balken-Drehzahlmesser, LCD-Tacho, Tankuhr, Kühlflüssigkeit-Temperaturanzeige und vielem mehr, sogar ein Schaltblitz lässt sich aktivieren.
Als es kurz vor dem Ziel dunkel wurde, staunte ich nicht nur über die bemerkenswert gute Ausleuchtung des H4-Frontscheinwerfers, sondern auch über ein liebevolles Detail – die Schaltersymbole an den Lenkerarmaturen, also für Fernlicht, Blinker, Elektrostarter und Killschalter sind illuminiert, was man bei Tageslicht natürlich nicht bemerkt.
Am nächsten Tag gab ich die Duke in Mattighofen zurück. Mein Fazit: Die neue 390 fährt toll, sieht klasse aus und ist mit 4.995 Euro dazu beinahe gnadenlos günstig. Damit stellt KTM die gesamte Mittelklasse auf den Kopf. Wer hätte das vorher gedacht? Das Zeug zum neuen Publikumsliebling ist vorhanden. Kein Zweifel: Einsteiger und Einsteigerinnen werden das Teil lieben und auch erfahrene Motorrad-Feinschmecker werden diese KTM in Herz schliessen. Respekt!
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