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Der Mann hinter dem Schraubenschlüssel: Carlos Rivera über die Arbeit mit Ryan Dungey

Das Leben eines Motocross-Mechanikers in den USA ist für viele aufstrebende junge Schrauber mit einer Liebe zu Offroad-Motorrädern ein Traum. Aber wie so oft, ist auch hier harte Arbeit eine Grundvoraussetzung. Der KTM BLOG sprach mit Carlos Rivera, Mechaniker des AMA 450SX Weltmeisters Ryan Dungey, über das ständige Unterwegssein, die Arbeit mit KTM und wieviel ihm der Weltmeistertitel bedeutet.


Carlos Rivera & Ryan Dungey´s KTM 450 SX-F Factory Edition

Carlos Rivera & Ryan Dungey´s KTM 450 SX-F Factory Edition


„Ich arbeite jetzt seit etwa 15 Jahren in diesem Sport. Ich bin selbst ein bisschen gefahren, aber nicht auf so hohem Niveau, ich war eher ein ganz gewöhnlicher Fan. Ich wollte als Mechaniker arbeiten, denn Motorräder waren schon immer meine Leidenschaft, also zog ich von Puerto Rico in die USA nach Orlando und begann bei einem Motorradhändler zu arbeiten. Ich traf viele Leute und kam irgendwie mit Davi Millsaps in Kontakt. Er war elf als ich anfing, mit ihm zu arbeiten. Ich begleitete ihn während seiner Amateurkarriere und am Anfang seiner Profikarriere, bis er Honda verließ und zu Joe Gibbs Racing wechselte. Zu dem Zeitpunkt kam ich zu KTM, um mit Roger De Coster zu arbeiten.“

Ziemlich oft begleitet ein Mechaniker einen Fahrer während seiner gesamten Karriere wie eine Art guter Freund, der seine mentalen und technischen Bedürfnisse kennt, andere wiederum bleiben bei einem Team, unabhängig von den verpflichteten Fahrern. Carlos hat in seiner langen Karriere bereits mit einigen namhaften Fahrern gearbeitet.

„Längere Zeit habe ich nur mit Davi und Ryan gearbeitet, aber in meiner Anfangszeit bei KTM habe ich Ken Roczen begleitet. Eigentlich sollte ich bei Ken bleiben, aber als Ryan zu uns ins Team kam, hatte ich mehr Erfahrung mit der 450er, also war es für mich nur logisch, in sein Team zu wechseln. Mit anderen Fahrern habe ich immer nur für ein paar Rennen zusammengearbeitet, zum Beispiel für Kevin Windham.“

Der Supercross-Kalender ist einer der härtesten. Die USA ist ein riesiges Land und mit 17 Supercross– plus zwölf Outdoor-Rennen, Tests und Special-Events bleibt für die Mechaniker nur wenig Raum für Freizeit und Familie. Das ständige Reisen und Unterwegssein ist etwas, mit dem Menschen wie Carlos leben müssen. Ein gutes Arbeitsklima ist unverzichtbar für den Erfolg genauso wie die Ablenkung zwischen den Rennen.

„Natürlich ist dieser Job mit viel Arbeit und vielen Reisen verbunden. Den Renntag betrachte ich eigentlich als meinen Erholungstag. Am Motorrad gibt es, solange keine Probleme auftreten und alles glatt läuft, eigentlich nicht viel zu tun. Die Arbeit beginnt am Tag nach dem Rennen. Um circa 7 Uhr in der Früh beginnen wir, das Motorrad komplett auseinander zu nehmen und arbeiten bis 7 Uhr abends. Das gehört zur Vorbereitung dazu. Wir reinigen alles, bereiten alles für das nächste Rennen vor, kehren ins Hotel zurück und von dort geht es nach Kalifornien.“

„Zurück in unserer Basis, arbeiten wir an den Trainingsbikes und bereiten uns auf das nächste Rennen vor. Normalerweise haben wir einen freien Tag bevor wir zum nächsten Rennen fliegen, das ist normalerweise Mittwoch oder Donnerstag, kommt darauf an, ob wir einen Pressetag haben; das wiederholt sich jede Woche. Hinter den Kulissen fällt auch eine Menge Arbeit an, denn wir kümmern uns um mehr als nur die Rennmotorräder. An manchen Tagen arbeiten wir von 8 Uhr morgens bis Mitternacht. Das sind viele Stunden; deshalb ist der Renntag eigentlich der entspannteste Tag.“


Carlos Rivera & Ryan Dungey´s KTM 450 SX-F Factory Edition

Carlos Rivera & Ryan Dungey´s KTM 450 SX-F Factory Edition


Seit Roger De Coster bei KTM anfing, wurde eine gut funktionierende Infrastruktur aufgebaut, die den Rennsport in den USA unterstützt, wodurch sich in den letzten Jahren ein solides Programm und ein gutes Team entwickeln konnte. Carlos arbeitete bereits in der Vergangenheit mit Roger De Coster, beide hatten von Anfang an eine gute Beziehung zueinander. Er spricht von Roger als großartige Person, unglaublichen Mechaniker und jemanden, von dem er jeden Tag etwas lernen kann. Für ihn ist es ein ‘Vorteil’ mit jemandem zu arbeiten, der bereits vor seiner Geburt Rennen fuhr, deshalb wechselte er ohne zu zögern zu KTM.


Roger De Coster, Ryan Dungey & Carlos Rivera Las Vegas 2015

Roger De Coster, Ryan Dungey & Carlos Rivera Las Vegas 2015


Das verbesserte Set-up in den USA wirkte sich auch auf KTMs Engagement im Supercross aus. Ein gutes Serienmotorrad ist die Grundvoraussetzung, um Titel zu gewinnen und mit diesem großen Ziel im Blick, wurde die Zusammenarbeit zwischen den Mattighofener F&E-Experten, Motorsport und den USA kontinuierlich weiterentwickelt und ausgebaut, so dass KTM das Paket für die amerikanische Supercross-Serie erheblich verbessern konnte.

„Es war harte Arbeit, aber man sagt ja, harte Arbeit zahlt sich aus. Wir haben definitiv viel investiert. Roger hat ein gutes Team zusammengestellt – er hat so gute Ideen und mit KTM lässt sich problemlos arbeiten. Die Firmenzentrale in Österreich hat uns großartig unterstützt; ich habe mit anderen Herstellern gearbeitet und die Dinge, die wir bekommen und wie schnell sie auf Wünsche eingehen können, ist unglaublich. Ich denke, die Kombination von Roger und den Leuten in Österreich hat zum Erfolg geführt, weil sie in der Lage waren, uns mit dem auszustatten, was wir gebraucht und uns gewünscht haben; das war ein wichtiger Schritt, um die Weltmeisterschaft zu gewinnen.“

„Im Vergleich zum Serienmotorrad hat Ryans Werksmotorrad viel straffere Federelemente, aber auch das Serienmotorrad ist großartig. Das Gefühl auf dem Motorrad ist sehr gut, es ist komfortabel und man fühlt sich irgendwie zu Hause. Die Factory Edition (wird nur in den USA verkauft) ist ein homologiertes Motorrad, bis auf das Set-up der Federelemente, das für die Anforderungen bei den Supercross-Rennen anders sein muss, ist es das gleiche Bike, mit dem Ryan die Rennen bestreitet. Es ist das beste Motorrad, mit dem ich bisher gearbeitet habe.“

Ein weiterer ausschlaggebender Punkt ist die gute Arbeitsbeziehung zum Fahrer. Carlos beschreibt Ryan als sehr bescheidene Person, mit der man problemlos zusammenarbeiten kann. Vor jedem Rennen versucht er, ein möglichst gutes Set-up für Ryan zu finden, denn das Motorrad sollte sich anfühlen wie die eigenen Schuhe – es sollte perfekt zum Fahrer passen. Das richtige Set-up ist eine Grundlage für einen erfolgreichen Renntag, aber auch der Spaßfaktor darf bei der Arbeit nicht zu kurz kommen, wenn das Ziel, den Titel zu gewinnen, erreicht werden soll. Ein Ziel das Ryan und Carlos 2015 mit dem ersten 450SX Weltmeistertitel für KTM erreicht haben.


Ryan Dungey East Rutherford 2015

Ryan Dungey East Rutherford 2015


„Die Weltmeisterschaft zu gewinnen und dann auch noch für KTM, das war etwas Besonderes und wir waren Teil von etwas Großem. Die Weltmeisterschaft kann man nur einmal zum ersten Mal gewinnen und das haben wir erreicht. Wir waren das erste Team, das diese Meisterschaft für KTM gewonnen hat, und niemand kann Ryan, mir oder dem Team diesen Erfolg wegnehmen, denn es wird kein weiteres erstes Mal geben. Es war ein großes Ziel in meiner eigenen Karriere und immer noch gibt es Momente, in denen mir erst richtig bewusst wird, was wir geschafft haben. Natürlich hoffen wir auf weitere Erfolge, wir hören nicht auf und werden weiter hart arbeiten und kämpfen, um noch mehr Siege zu erringen.“


Ryan Dungey & Carlos Rivera Houston 2015

Ryan Dungey & Carlos Rivera Houston 2015


Es ist ein intensiver Zeitplan und Teil eines Werksteams zu sein, das wöchentlich neue Siege einfährt, verlangt volle Hingabe, aber Carlos liebt seine Arbeit und die Atmosphäre im Team, auch wenn dadurch kaum Zeit bleibt, selbst aufs Motorrad zu steigen.

„Um ehrlich zu sein, braucht es für diesen Job 100% Engagement, deshalb kann ich oftmals nur einmal im Jahr für ein paar Stunden fahren, weil einfach keine Zeit bleibt. Es ist ziemlich anstrengend mit der ganzen Reiserei und ich habe Familie, für die ich da sein muss, wenn ich mal zu Hause bin. Es wäre nicht fair, wenn ich in meiner Freizeit auch noch dauernd unterwegs wäre. Ich liebe das, was ich tue, solange ich einfach am Motorrad arbeiten kann.“

Welchen Rat würde Carlos jemandem geben, der auch von einer Karriere als Mechaniker eines Nummer 1-Fahrers träumt? „Gib niemals auf, sei engagiert und arbeite hart. Es ist natürlich nicht einfach, sonst würde es ja jeder machen, aber man kann es schaffen, wenn man es wirklich will.“

Fotos: KTM | www.ktmimages.com

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