Eine bekannte Gestalt verfolgte das erste Rennen zur brandneuen European Junior e-Motocross-Serie beim diesjährigen Motocross der Nationen mit besonderer Aufmerksamkeit. Nachdem Red Bull- & KTM-Stunt-/FMX-Legende Robbie Maddison die KTM SX-E 5 seines 7-jährigen Sohnes Jagger im Fahrerlager von Mantova zum Aufladen eingesteckt hatte, haben wir den hoch fliegenden, wellenreitenden, sympathischen Australier gefragt, wie es sich anfühlt, ein ‚Motocross-Dad‘ zu sein …
Maddison und seine Söhne Kruz und Jagger PC @Tedesco Photo
Im Laufe seiner Karriere hatte Robbie Maddison viele Gelegenheiten, nervös zu werden. Er machte einen Rückwärtssalto über die London Bridge, stellte zahlreiche Rekorde für den weitesten Motorrad-Sprung auf, entwarf neue FMX-Tricks und arbeitete als Stunt-Double für James Bond: Der heute 40-jährige Australier hat sein Glück schon oft auf die Probe gestellt.
Maddison ist weltbekannt für seine atemberaubenden Stunts PC @Dan Vojtech / Red Bull Content Pool
Beim 74. Motocross der Nationen Ende September aber erfasste Maddison eine ganz andere Art der Nervosität. Schließlich trat sein Sohn Jagger als einer von 30 jungen Fahrern mit seiner KTM SX-E 5 im Sand von Mantova beim ersten Rennen der European Junior e-Motocross-Serie an.
Zusammen mit seiner Frau Amy und seinen beiden anderen Sprösslingen Kruz (10) und Rocco (2) hatte sich Robbie zu einer lustigen Reise nach Europa aufgemacht und Jagger damit die Chance gegeben, abseits des Familiensitzes im kalifornischen Temecula (wo die Familie seit 2005 wohnt) Rennerfahrung zu sammeln.
Robbie und Jagger bei der Streckenbegehung in Mantova für die European Junior e-Motocross-Serie beim Motocross of Nations PC @JP Acevedo
Maddison hatte sich mit ausgefallenen und atemberaubenden Stunts einen Namen gemacht, aber erstmals stand er nicht als einziges Mitglied seiner Familie im Rampenlicht. Stattdessen bot die EMX-E schnellen Junioren wie Jagger eine erste Plattform, um bei den größten MX-Events und auf einem Abschnitt einer Top-Rennstrecke anzutreten.
Robbie, du kennst die Risiken des Rennsports und des Motorradfahrens ganz allgemein sehr gut – aber auch die damit verbundene Faszination. Stehst du, wenn du als Vater an der Strecke zusiehst, im Widerspruch mit dir selbst?
Ganz ehrlich, ich habe meinen Kids nur sehr zögerlich erlaubt, Rennen zu fahren. Jagger ist hier und er ist nicht der Schnellste, hat aber eine gute Technik und fährt gleichmäßig. Ich habe meine Kinder nicht unter Druck gesetzt, und sie sind noch nie bei großen Events angetreten. Ich gehe vorsichtig an die Sache heran, aber je öfter wir zu Rennen kommen, desto mehr Freundschaften werden geschlossen! Ich werde nie einer dieser Väter sein, die ihre Kinder antreiben und unter Druck setzen, aber wenn sie Rennen fahren wollen, werde ich sie dabei unterstützen. Mein ältester Sohn will ein Champion werden und ich würde ihn seiner Träume berauben, wenn ich ihn nicht unterstützen würde. Sie sind mit Herz und Seele dabei und haben sich dafür entschieden, also biete ich ihnen diese Unterstützung.
Jagger schnupperte Junior e-Motocross-Rennluft auf seiner KTM SX-E 5 auf der verkürzten Mantova-Rennstrecke PC @JP Acevedo
Lässt sich ihr Ansatz mit deiner eigenen Kindheit und Geschichte vergleichen?
Als ich aufwuchs, war meine Einstellung so, dass ich, wenn ich mich einmal für etwas entschieden hatte, alles daran setzen würde, gut dabei zu werden. Der Aufwand deckte sich aber nicht mit den Resultaten und der Druck, zu gewinnen, trieb mich so weit, dass das Rennfahren selbst nebensächlich wurde. Mit meinen eigenen Kindern konzentriere ich mich auf den Spaß, arbeite an der Technik und ganz besonders wichtig ist mir die Sicherheit. Es war eine schwierige Entscheidung … aber gleichzeitig wollte ich verhindern, dass sie sich eines Tages – wenn sie es nie mit dem Rennsport versucht hätten – fragen, wie das wohl gewesen wäre. Ich habe in meinem Leben einige verrückte Sachen gemacht, also wäre ich ein Heuchler, wenn ich es ihnen verboten hätte. Auf einem Motorrad kann man nicht alles ausschließen, ich kann ihnen aber beibringen, mit Technik zu fahren und ihnen die beste Ausrüstung und die besten Bikes bieten. Es gibt in diesem Sport viele Familien, die das auch so machen und damit Erfolg haben. Ich glaube, wir können eine solche Familie sein. Schlussendlich ist Motocross ein großartiger Sport und hat unserer Familie so viel gegeben. Manche Leute, die ich in jungen Jahren im Rennsport kennengelernt habe, zählen immer noch zu meinen besten Freunden. Die internationale Gemeinschaft verbindet ein starkes Band. Ich ging damals in Richtung FMX, aber ein Teil von mir sagt, dass ich es auch als GP-Racer hätte schaffen können. Meine Kinder stehen irgendwie vor demselben Problem: Sie sind recht klein gewachsen in einem Sport, in dem Größe und Kraft eine Rolle spielen!
Jagger genoss die Erfahrung, er traf viele professionelle Rennfahrer an dem Wochenende und konnte Teil der ersten europäischen E-Motocross-Serie sein PC @JP Acevedo
Aufgrund deines Namens werden deine Kinder zweifellos viele Chancen bekommen, aber gleichzeitig werden sie wohl genau beäugt werden. Sicherlich kennen sie außerdem die Arbeit, die Sorgen und Schinderei, die in diesem Sport an der Tagesordnung sind …
Natürlich haben sie aufgrund meiner Verbindungen einen gewissen Vorteil. Neulich fuhren wir mit Grant Langston. Jeremy McGrath ist ein Freund und als Heranwachsender fuhr ich gegen Chad Reed. Damals wie heute waren und sind wir von vielen großen Talenten umgeben. Trotzdem müssen die Kids für ihre Resultate arbeiten und die Resultate werden irgendwann für sich selbst sprechen. Jagger wird mit einer Erwartungshaltung fertigwerden müssen, aber die kommt sicher nicht von mir. Bevor wir nach Italien gekommen sind, haben wir an einem lokalen Rennen teilgenommen. Am Start brach er aufgrund des ganzen Drucks in Tränen aus. Ich musste ihn etwas aufrütteln und ihm sagen: „Hey Junge. Wir sind hier, um Spaß zu haben und mit einem Lächeln auf den Lippen nach Hause zu gehen.“ Solange wir glücklich und gesund nach Hause fahren und etwas gelernt haben, war es die Sache wert. Es kommt darauf an, Fortschritte zu machen. Darum geht es in diesem Sport und nach diesem Motto lebe ich schon immer. Das hat mir im Freestyle geholfen, meine Tricks weiterzuentwickeln und es gibt für alles den passenden Zeitpunkt. Heute ist Freestyle-Motocross nicht mehr so populär, diese Rolle übernimmt jetzt das Freeriding. Tricks genießen kein so hohes Ansehen mehr. Unsere Kids wollen Rennen fahren, um einen Geschmack dafür zu bekommen. Meine Aufgabe ist nicht, sie zu Weltmeistern aufzubauen. Wir werden uns die Sache Jahr für Jahr ansehen … ich bin es ihnen aber schuldig, ihnen diese Chance zu geben. Wir fangen eben ganz von vorn und lokal an. Vielleicht kann ich ihnen mit ein paar Tipps helfen. Sie haben in kurzer Zeit bereits gewaltige Fortschritte gemacht. Kruz hat eine Technik und einen Stil, von dem ich in seinem Alter nur träumen konnte. Es kommt eine aufregende Zeit auf uns zu. Meine Beziehung zu KTM bedeutet, dass wir unseren Kids einige besondere Möglichkeiten geben können, aber das wird auch nicht ewig so weitergehen. Außerdem erwarten wir nicht, dass uns Dinge auf dem Silbertablett serviert werden. Wir werden auf jeden Fall unser Bestes geben.
Jagger und Kruz haben ihre Skills und ihren Fahrstil auf ihren elektrischen KTM SX-E 5 Bikes weiterentwickelt PC @Tedesco Photo
Vor allem will ich meinen Kindern beibringen, wie sie sich benehmen müssen. Freundlich und respektvoll zu sein ist wichtiger als alles andere. Kinder mit einem besch******* Benehmen bekommen nicht viele Chancen. Der Motocross-Sport bringt dir viel fürs Leben bei. Wie im Leben auch musst du dich nach Rückschlägen wieder aufrichten und weitermachen. Und so war es auch während meiner Karriere. Ich habe mich immer wieder neu erfunden.
Zeit mit jungen Fahrern von überall aus Europa beim MXON zu verbringen ist eine Erfahrung, die Jagger und seine Familie nie vergessen werden PC @JP Acevedo
Machst du dir Sorgen darüber, irgendwann zu einem typischen ‚Motocross-Dad‘ zu werden?
Wenn wir uns dazu entschließen, werde ich meinen Kindern auf jeden Fall Dinge beibringen, die ich im Laufe meiner Karriere gelernt habe. Ich glaube, dass ich ihnen viele Fehler und Enttäuschungen ersparen und ihnen bei ihrer Entwicklung helfen kann. Schließlich bin ich schon seit meinem 4. Lebensjahr dabei! Ich denke, dass ich ihren Weg etwas ebener machen kann, als meiner damals war. Alleine die Fähigkeit, ihre Technik zu analysieren und von großartigen Fahrern und Trainern zu lernen, ist schon die halbe Miete. Unser Wohnort hilft uns enorm weiter.
Die Maddison-Jungs lieben ihre KTM SX-E 5 – Robbie ist begeistert von den wartungsarmen und leicht-bedienbaren Bikes seiner Jungs PC @Tedesco Photo
Eine abschließende Frage: Jagger fährt auf der KTM SX-E 5, ein fantastischer Einstieg in das Motorradfahren und den Rennsport. Welche Meinung hast du zu elektrisch angetriebenen Motorrädern?
Ich bin voll dafür und liebe die Technik und Weiterentwicklung. Wenn man immer an alten Dingen festhält und nicht mit der Zeit gehen will, wird man irgendwann auf der Strecke bleiben. Das konnte ich in meiner eigenen Branche miterleben. Anfangs wollte ich nichts mit Social Media zu tun haben und habe erst langsam begriffen, wie wichtig das ist. Ich musste erst lernen, auf den ‚fahrenden Zug aufzuspringen‘. Die elektrische Revolution kommt und der Motorradsport entwickelt sich in diese Richtung. KTM bietet die fantastische Freeride EX-C. Dieses Bike braucht fast nicht gewartet werden, was großartig ist. Das trifft auch auf die Bikes für die Kids zu. Ich muss nur mehr die Kette einstellen und schmieren, den Reifendruck checken, sie aufladen und los geht’s. Damit fahren die Jungs stundenlang herum, ohne dass die Nachbarn etwas davon ahnen. Ich glaube, dass elektrische Bikes über kurz oder lang auch in den höchsten Klassen des Motocross-Sports Einzug halten werden. Man muss sich nur ansehen, wie stark sie die Mountainbike-Branche umgekrempelt haben. Ich glaube, dass sich damit neue Möglichkeiten im Sport auftun werden, die wir heute noch nicht einmal ahnen. Motorräder werden heute von ihrer Lautstärke eingeschränkt und sobald die wegfällt, werden wir wohl bald mehr Rennstrecken in urbanen Gebieten sehen. Die Akzeptanz wird steigen. Das Freestyle-Motocross wurde von seiner Struktur eingeschränkt, elektrisch angetriebene Bikes sollten aber weitere Möglichkeiten eröffnen. Sie werden immer besser, stärker und sehen immer mehr aus wie ‚echte‘ Motocrosser. Ich bin gespannt, was die Zukunft bringt. Ich wäre sehr überrascht, wenn es in zehn Jahren keine elektrische Serie gäbe. Ich bin auf jeden Fall voll dafür.
Blicken wir hier auf die Stars der Zukunft? Auf dem Motocross of Nations-Podium zu stehen war ein stolzer Moment für alle European Junior e-Motocross-Fahrer und ihre Familien PC @JP Acevedo
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