Viele Menschen haben eine Leidenschaft, einen Bereich, der ihr Leben zu einem sehr großen Teil bestimmt und prägt. Wenn dieser Bereich ganz plötzlich und unerwartet wegfällt, wird alles auf den Kopf gestellt und man lernt, das Leben aus einer anderen Perspektive zu betrachten. In meinem Fall war es der Motorsport und all die wunderbaren Momente, die ich schon sammeln durfte. In den vergangenen Monaten habe ich die Kehrseite des Sports erlebt. Umso schöner ist es, nun wieder zurückzukommen.
© Jakob Ritter
„Man lernt die Dinge nur zu schätzen, wenn man sie einmal nicht mehr hat“ – diesen Satz habe ich schon sehr oft und in verschiedenen Zusammenhängen gehört. Und ja, er stimmt! Es war für mich schon zur Gewohnheit geworden, Freitagnachmittag meine Sachen zu packen und mich auf den Weg zu einem Enduro-Training oder -Rennen zu machen. Nach meiner Knieverletzung war es schlagartig anders und ich kann mich noch gut an das erste Wochenende nach dem Unfall erinnern: Ein so leeres Gefühl habe ich selten gespürt. Die letzten Monate waren nicht einfach, aber genauso wie der Erfolg, gehören leider auch Verletzungen zu unserem Sport. Und auch wenn es seltsam klingt, die eine Seite ergänzt die andere und bringt einen als Sportler und Mensch auf eine ganz andere Ebene. Ich habe nun beide Seiten erlebt und sowohl aus den Erfolgen als auch aus den Misserfolgen viel gelernt.
Das Verlangen, endlich wieder auf meine KTM 300 EXC zu steigen, war noch nie in meinem Leben so groß. Das Gefühl, 238 Tage nach der Verletzung wieder aufzusteigen, den E-Starter zu drücken, den Motor zu spüren und loszufahren, fühlte sich für mich wie eine Zieleinfahrt bei den Red Bull Romaniacs an!
© Jakob Ritter
Nach meiner letzten Physioeinheit bekam ich das „Go“ für die erste Ausfahrt; ein Moment, auf den ich schon eine gefühlte Ewigkeit gewartet hatte. Zum ersten Mal seit acht Monaten erlebte ich wieder dieses gewohnte „Ich packe meine Sachen fürs Wochenende“-Gefühl. Während die Vorbereitungen vor der Verletzung Routine waren, musste ich nun grübeln, ob ich auch wirklich alles eingepackt hatte. Helm, Handschuhe, Brille, Protektoren … und natürlich meine KTM!
Das Wochenende für mein erstes Enduro-Ride Out war natürlich nicht irgendein Wochenende. Es war das Erzbergrodeo-Wochenende! Nachdem ich mir das Red Bull Hare Scramble live im TV angesehen hatte, packte mich die Motivation. Meine Helfen des Endurosports fahren und kämpfen zu sehen, verlieh mir einen extra Schub an Vorfreude und Energie. Ein komisches Gefühl, den Helm aufzusetzen – ein Mix aus Freude und Nervosität. Zwar hatte ich nach der Verletzung schon ein paar Meter motorisiert auf einer Trial und Motocross zurückgelegt, um wieder ein Gefühl zu bekommen, aber Enduro ist für mich eine andere Kategorie – die Königsdisziplin des Offroad-Zweiradsports. Dort bin ich zu Hause und ich glaube, deshalb war ich auch etwas nervös. Kann ich das überhaupt noch? Hoffentlich habe ich nichts verlernt und fange wieder bei null an? Wie wird das Gefühl mit meinem Knie sein? – ich war mir ziemlich sicher, nicht die erste Sportlerin zu sein, die vor der ersten Fahrt nach der Verletzung von solchen Gedanken gequält wurde, aber für mich war es ungewohnt.
© Jakob Ritter
Kaum hatte ich den E-Starter gedrückt, war das gewohnte Gefühl wieder da. Das vertraute Geräusch meiner KTM vermittelte mir sofort ein Gefühl von Sicherheit. Meine Hände hörten auf zu zittern, ich legte den Gang ein und fuhr direkt Richtung Wald. Die Welt um mich herum war wie ausgeblendet und ich genoss diese ersten Sekunden und Minuten – sie gehörten ganz mir und meinem Bike. Wieder vereint! – das waren meine ersten Gedanken. Ich fühlte mich befreit, leichter und wieder ausgeglichen!
238 Tage lang bin ich durch alle möglichen Höhen und Tiefen gegangen und zum ersten Mal seit langem fühlte es sich wieder so an, als wäre das Puzzle wieder vollständig und der fehlende Teil von mir wieder da.
Natürlich steigt man nach so einer Pause nicht wieder dort ein, wo man aufgehört hat. Ich war vorsichtiger, um einiges langsamer und auch ungeschickter. Allerdings war mir das in diesem Moment komplett egal, denn ich war einfach nur dankbar und glücklich wieder Enduro fahren zu können.
© Jakob Ritter
Ich habe einen Gang zurückgeschaltet, um Anlauf für neue Abenteuer zu nehmen. Ich bin vielleicht noch nicht READY TO RACE, aber ich bin wieder dort, wo ich mich am wohlsten fühle und das gibt mir unheimlich viel Energie.
Erfahre mehr über Larissa auf dem KTM BLOG unter Collecting Moments #7: Das Training nach der Knieverletzung oder auf ihrer Webseite!
Fotos: Jakob Ritter
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